WALDGÄRTEN
Fangen wir also bei den Bäumen an: Schließen sich genug dieser Kraftwerke zusammen dann entstehen Wälder, höchst effiziente und stabile Ökosysteme. Agroforstwirte versuchen Wälder in Aufbau und Entwicklung nachzuahmen, dann sprechen wir von einem Waldgarten.
Ein Waldgarten ist…
…eine Nutzpflanzenlandschaft
…ein Ertragssystem
…ein Naturraum, ein Ort für Ruhe und Erholung in Naturverbundenheit
…ein Bildungsort, ein Outdoor-Klassenzimmer für alle Generationen
…ein klimaregulierendes Element, das CO2 langfristig bindet und den Boden aufbaut
WAS ZEICHNET EINEN WALDGARTEN AUS?
Im internationalen Gebrauch ist meist von food forests, forest gardens oder edible landscapes die Rede – in jedem Fall meint man jedoch die Gestaltungsprinzipien, nach denen eine permanente Nutzpflanzenlandschaft angelegt wird, die einen Wald in seiner natürlichen Entwicklung nachahmt. Dem entsprechend heißt es „nicht IM Wald gärtnern, sondern WIE der Wald.“
Damit ist sowohl die räumliche Struktur gemeint, als auch der natürliche Entwicklungsverlauf hin zu immer komplexeren Systemen, zum Wald.
Ein Wald nutzt die alle drei Dimensionen des Raums immer bestmöglich aus: Bäume und Sträucher unterschiedlicher Höhen, Kräuter, Wurzeln und Kletterpflanzen finden sich über die Zeit in verschiedenen Ebenen oder Schichten ein. In Waldgärten lassen sich solche Entwicklungen durch sorgfältige Planung beschleunigen.
Ein ausgewogenes und durchdachtes Design nach dem Vorbild der Natur setzt die Pflanzen so zueinander in Beziehung, dass die Konkurrenz unter den Arten minimal ist und die funktionalen Beziehungen untereinander möglichst zahlreich sind. Da so jede Nische mit Pflanzen der passenden Größe, Eigenschaften und Strategie besetzt wird, entsteht ein äußerst stabiles Netz aus Wechselbeziehungen. (siehe auch PK-Prinzip)
Das in der Natur überwiegende Prinzip ist das der Kooperation, demnach wollen Pflanzen immer in Gesellschaft leben. Aus der Beobachtung solcher natürlich vorkommenden Pflanzengesellschaften
Design von Gilden oder Polykulturen: Gilden, Obstbaum-Lebensgemeinschaften
Neben der räumlichen Struktur imitiert ein Waldgarten aber auch die vierte Dimension, den Verlauf der Zeit. Unter dem Begriff Sukzession ist mittlerweile viel Wissen über die natürlichen Entwicklungsverläufe von Wäldern und deren Bedingungen gesammelt, demnach wird das von Beginn an als permanent gedachte System eines Waldgartens auch immer vor dem zeitlichen Horizont von Jahrzehnten geplant: Entwicklungsstufen lösen sich ab, Bäume und Sträucher wachsen heran und schaffen über die Jahre andere Lichtverhältnisse, unter denen sonnenliebende Pioniere allmählich von von schattenverträglicheren Pflanzen abgelöst werden.
Besonders in unseren Breitengraden muss auf gute Lichtverhältnisse geachtet werden, daher nimmt ein Waldgarten hier eine sehr offene und lichte Form an, vergleichbar mit natürlichen Waldrändern, Baumwiesen oder Savannen. Dem entsprechend haben sich in unserer Region traditionell Streuobstwiesen entwickelt, die früher als mehrlagiges Ertragssystem angelegt und oft in Verbindung mit der Weidetierhaltung genutzt wurden.
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Das Aufbauprinzip eines Waldgartens ist frei skalierbar, es kann für große landwirtschaftliche Flächen angewandt werden, eignet sich jedoch genauso um einen kleinen Hausgarten in eine ‘essbare Landschaft’ zu verwandeln.
WARUM EINEN WALDGARTEN ANLEGEN?
NUTZEN VON WALDGÄRTEN
Ein Waldgarten als ‘essbare Baumlandschaft’ bietet nicht nur diverse Nahrungserträge, sondern auch viele andere Materialien für verschiedenste mögliche Nutzen. Viele Pflanzen können medizinisch angewendet werden, ist doch die Trennung von Nahrung und Medizin eine Erscheinung der Neuzeit. Holz als Baustoff und Energieträger bietet sich oft an, darüber hinaus können Öle, Harze, Färbemittel und vieles mehr gewonnen werden.
Ein Waldgarten kann für den Menschen verschiedene Funktionen erfüllen. Im erweiterten Sinne der Permakultur haben alle Elemente eines Systems Auswirkungen auf das Ganze und generieren immer Erträge. Das können konkrete Erträge sein, beispielsweise die CO2-Speicherung durch Gehölze und den Humusaufbau, aber auch andere, eher abstrakte Nutzen wie Bildung, Erholung und soziale Gemeinschaftserfahrung sein.
Als Form der Landnutzung haben Waldgärten einen starken kulturhistorischen Hintergrund. Bäume waren zivilisatorisch immer enge Partner des Menschen, und schon immer hat sich der Mensch Wälder durch gezielte Eingriffe nutzbar gemacht.
Lesen Sie mehr über Waldgärten in der Geschichte der Menschheit: Uraltes Wissen und dessen Wiederentdeckung in der Neuzeit.